Schwesternliebe&Wir
Leben mit Kindern

Meine Nationalität? Mensch!

Ich habe Psychologie studiert. In diesem Studium wird viel über Persönlichkeitsunterschiede zwischen Menschen gelehrt. Unter anderem habe ich da auch gelernt, dass die Unterschiede innerhalb einer Gruppe größer sind, als die Unterschiede zwischen Gruppen. Das heißt: die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch der am anderen Ende der Welt geboren ist mir ähnlich ist, ist höher, als das mein in Deutschland geborener Nachbar mir ähnlich ist. Wieso also, sollte ich vor einem Menschen Angst haben, nur weil er in einem anderen Land geboren ist? Fremdenhass oder Fremdenfeindlichkeit entsteht durch Angst. Angst etwas zu verlieren. Angst davor sich mit Dingen auseinandersetzen zu müssen, mit denen wir nichts zu tun haben wollen. Denn wenn wir uns auf Menschen mit einem anderen Geburtsland einlassen, Menschen denen es nicht so gut geht wie uns, merken wir schnell wie ähnlich wir ihnen doch sind. Vielleicht hat dieser Mensch denselben Beruf erlernt oder auch 2 Töchter. Und dann? Ähnlichkeit schafft Sympathie! Menschen denen wir uns ähnlicher fühlen finden wir immer auch sympathischer. Und dann merken wir, wie schlecht es diesem Menschen geht. Dieser Mensch musste aus seinem Heimatland fliehen, weil dort Krieg herrscht oder die Regierung seines Landes die Bevölkerung furchtbar behandelt. Dieser Mensch musste viel zurücklassen: sein Haus, Möbel, seine Verwandtschaft und Freunde die dort leben. Er musste sein Heimatland, sein Geburtsland verlassen! Und genau dieser Mensch ist uns ähnlich, wir mögen ihn. In dem Moment, wo wir hören wie schlecht es ihm geht, fühlen wir uns schlecht. Denn wir haben ein Haus, vor unserer Tür stehen 2 Autos, wir können jedes Jahr in den Urlaub fahren, haben immer Essen im Überfluss, ja wir schmeißen sogar oft Essen weg weil wir einfach zu viel haben. Und dieser Mensch hat Nichts außer die Kleider die er trägt und ein Handy! Wir fühlen uns schlecht, wegen all dem Besitz. Wir wollen uns aber nicht schlecht fühlen. Es gibt einen ganz einfachen psychologischen Schutzmechanismus, den wir Menschen automatisch anwenden um uns besser zu fühlen. Wir werten andere ab. In dem wir uns den Gedanken verinnerlichen, das ein in Deutschland geborener Mensch mehr Wert ist und mehr Recht hat in Deutschland zu leben, als ein Mensch mit einem anderen Pass stellen wir uns auf eine höhere Stufe. Wir fühlen uns wieder gut, den wir denken, dass wir mehr Wert sind und deswegen auch ein größeres Anrecht auf ein Leben in Deutschland und den ganzen Besitz haben.

Jetzt noch einmal zum Anfang: Gruppenunterschiede. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch der am anderen Ende der Welt geboren ist mir ähnlich ist, ist höher, als das mein in Deutschland geborener Nachbar mir ähnlich ist! Wir sind also nicht anders oder mehr wert! Mensch ist Mensch! Und jeder Mensch sollte das Recht haben in Deutschland zu leben. Warum sollte ein Mensch der einen deutschen Pass hat ein größeres Anrecht darauf haben? Es ist nur ein Pass! Ein Pass und eine helle Hautfarbe machen einen Menschen nicht wertvoller oder besser.

Oft höre ich das Argument, dass „die Ausländer auf unsere Kosten leben“. Genau das Umgekehrte ist der Fall. Eine Studie hat belegt, dass wir in Deutschland-geborene mehr Steuern zahlen müssten, wenn es gar keine Migranten gäbe. Tatsächlich bringen nämlich Einwanderer mehr Geld in die deutsche Steuerkasse, als das sie kosten. Dieses Argument ist also eindeutig wiederlegt!

Wir brauchen also keine Angst haben etwas zu verlieren. Wir müssen nur den Mut haben, uns mit Dingen auseinander zu setzen, die wir vieleicht lieber nicht wissen wollen. Vielleicht fühlen wir uns dann schlecht, weil es uns so viel besser geht als all den Flüchtlingen!

Ihr lieben Menschen aus aller Welt ich heiße euch #1000malWillkommen. Ich nehme die schlechten Gefühle gern in Kauf!

Ich bin Dresden geboren. Und habe dann 19 Jahre in einer kleinen Stadt, Radebeul, neben Dresden gewohnt. Ich liebe diese Gegend und finde es wunderschön da. Fast meine komplette Familie lebt da. Zurzeit möchte ich da aber nicht mehr wohnen. Die Fremdenfeindlichkeit, die dort so stark ist, macht mich einfach nur wütend! Die Tagesmutter meiner Tocher ist in Georgien geboren. Das Paar was unsere Wohnung vermietet in Polen und Eritrea. Alle drei zahlen Steuern!

Eure Sarah

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4 Comments

  • Reply
    J. Krenzel
    07/08/2015 at 13:24

    Gut gesprochen, wahr gesprochen. Vielen Dank. 🙂

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    Zündstoff der Woche #7 | Zunder
    14/09/2015 at 17:07

    […] Nationalität? Mensch! Sarah behandelt auf ihrem Blog Schwesternliebeundwir das Entstehen von Fremdenhass, als psychologischen […]

  • Reply
    Dresden Mutti
    07/08/2018 at 17:22

    Ich wohne seit Dezember in Dresden und hatte diese Gedanken auch. Will ich da wirklich hin? Wobei ich sagen muss, dass ich im Alltag nicht damit konfrontiert werde, denn sowohl meine Nachbarn, Freunde als auch Arbeitskollegen sind da völlig „normal“. Sie verteufeln Pegida, AFD & Co. ebenso wie andere Freunde, die ich habe. Trotzdem gibt es hier Montagsdemos. Dabei sieht man vergleichsweise wenig Ausländer. Leider. Ich fand es in Bonn immer eine Bereicherung, mit vielen Leuten aus unterschiedlichen Ländern zu tun zu haben.

    Das Thema spaltet Dresden sehr. Das kann man auf jeden Fall sagen. Die „Gutmenschen“ sind da und sie/wir kämpfen sehr um ein besseres Image für Dresden. Auch wir wollen gesehen werden, denn auch wir sind Dresden. (Wenn alle gehen, was bleibt?)

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