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Dann hab ich dich eben nicht mehr lieb

Als Eltern erleben wir fast täglich die Situation, dass unterschiedliche Bedürfnisse aufeinander treffen. Das Kind hat zum Beispiel morgens Hunger, wir aber wollen noch gern im Bett liegen bleiben. Oder wir möchten schnell los, weil ein Termin ansteht. Aber unser Kind möchte doch lieber noch das Bild zu Ende malen. Solche Situationen entstehen unweigerlich, wenn wir mit mehreren Menschen zusammen leben. Es müssen also Kompromisse gefunden werden. Vielleicht kann sich das Kind schon selbst eine Schüssel mit Müsli füllen oder das Bild im Auto weitermalen. Oft ist es einfach einen Kompromiss zu finden. Manchmal fällt uns aber auch einfach keine gute Lösung ein. Oder manchmal sind wir sowieso schon genervt oder übermüdet. Diese negative Stimmung blockiert dann das kreative und flexible Denken in unserem Gehirn und uns fällt keine Lösung ein. Und in solchen Fällen greifen wir als Eltern dann meist auf altbekannte Handlungsweisen zurück.

Diese Handlungsweisen entstammen oft dem, was wir selbst als Kind gelernt und erlebt haben. Oft fallen dann „Wenn, dann…“-Sätze. „Wenn du nicht aufisst, bekommst du eben kein Eis“ oder „Dann gehe ich eben allein.“ Oder wir drohen unserem Kind mit Liebesentzug, wenn es nicht macht was wir gern in diesem Moment möchten.

„Dann habe ich dich eben nicht mehr lieb“

Schnell sind solche Sätze gesagt und wie schon erwähnt, können wir Eltern oft nichts für diese Verhaltensmuster. Denn wir haben sie in der frühen Kindheit gelernt und nutzen sie automatisiert. Doch für unsere Kinder fühlen sich solche Sätze ganz furchtbar an. Denn jedes Kind geht eine Bindung zu seinen Eltern ein, da Kinder von uns abhängig sind. Sie brauchen uns, damit sie überleben können.

Gehen wir liebevoll mit unseren Kindern um und reagieren auf ihre Bedürfnisse, entwickeln sie eine sichere Bindung. Natürlich ist niemand perfekt und auch wir als Eltern schreien mal oder haben mal keine Lust auf den Spielplatz zu gehen. Manchmal können wir auch einfach nicht die Bedürfnisse unserer Kinder erfüllen oder möchten es nicht, weil es schädlich für sie wäre. Aber achten wir darauf meist liebevoll die Bedürfnisse unserer Kinder zu erfüllen werden diese eine sichere Bindung aufbauen.

Ignorieren wir allerdings oft die Bedürfnisse unserer Kinder bauen diese eine unsichere Bindung auf. Eine Bindung besteht allerdings immer, denn unsere Kinder sind nun mal von uns abhängig und würden sich auch bei schädlichem Verhalten der Eltern nicht von diesen abwenden.

Drohen wir unseren Kindern also mit Liebesentzug, dann sehen unsere Kinder eine Gefahr für diese Bindung. Sie bekommen Angst, dass sich der Elternteil von ihnen abwenden kann und diese Bindung eventuell nicht mehr bestehen könnte. Solche Sätze lösen in unseren Kindern eine Grundangst aus.

Unsere Kinder reagieren durch diese Angst oft mit einem angepassten Verhalten. Sie ignorieren dann ihre eigenen Bedürfnisse, zum Beispiel noch malen zu wollen, und verhalten sich besonders „lieb“.

Wenn sich Kinder also besonders „brav“, „lieb“ und „angepasst“ verhalten, dann ist das nicht unbedingt etwas Positives. Oft resultiert dieses Verhalten aus einer Erziehung der Angst. Angst die aus dem möglichen Verlust des versorgenden Elternteils resultiert. Das Ziel des kooperativen Kindes ist zwar damit erreicht, aber zu welchem Preis?

Die Folge davon sind ein unsichere Bindung. Außerdem erlernt das Kind damit Verhaltensweisen, die es in seinem späteren Leben wieder anwenden wird. Nicht nur in der Erziehung der einen Kinder, auch in Partnerschaften oder im Umgang mit Freunden.

Wie können wir es besser machen

Der wichtigste Schritt für uns Eltern ist es, sich dieses Verhalten bewusst zu machen. Liebesentzug ist zwar wirkungsvoll, aber keine Maßnahme die unserem Kind gut tut. Deswegen ist es wichtig, dass Eltern ihr eigenes Verhalten immer wieder reflektieren. Fehler passieren, aber wir können es besser machen. Wir müssen nicht auf gelernte Verhaltensmuster aus unserer Kindheit zurückgreifen. Wir können uns, in einer ruhigen Minute, überlegen was wir stattdessen machen könnten. Und in der nächsten schwierigen Situation mit unseren Kindern halten wir dann einfach kurz inne und denken an die Alternative .

Und wir können uns bei unserem Kind entschuldigen. Auch Kinder können Fehler verzeihen. Fast täglich muss ich mich bei meinen Kindern entschuldigen, Fehler eingestehen und am nächsten Tag können wir es dann besser machen. Und wenn unsere Kinder lernen, dass es okay ist Fehler zu machen ist das auch für sie wichtig. Sie sind dann selbst weniger schnell frustriert, wenn mal etwas nicht so gut funktioniert wie erwartet. Denn Scheitern ist normal, solange wir immer wieder daraus lernen, es danach besser machen und so schrittweise zu besseren Eltern für unsere Kinder werden können.

Eure Sarah

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2 Comments

  • Reply
    Andrea
    11/09/2017 at 14:47

    Schöner Text und so sehr wahr. Geht mir jeden Tag auch immer wieder so. wichtig ist wirklich auf die kinder zuzugehen und sich zu entschuldigen. kann ich auch so sagen. dazu muss man ja reflektiert sein und das ist gar nicht so einfach.

    viele grüße
    andrea

    • Reply
      Sarah
      11/09/2017 at 22:42

      Das stimmt. Es ist wirklich nicht einfach, aber so wichtig. Und am nächsten Tag können wir es dann gemeinsam besser machen.

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