Vor fast einem Jahr hat Frieda von 2KindChaos einen Artikel darüber geschrieben, wie sie sich als zweifache Mutter fühlt. Sie war zu dem Zeitpunkt seit einem Monat Zweifachmama, es war also alles noch ganz neu. Und es war nicht nur für sie alles neu, sondern auch für ihre große Tochter, die es vorher gewohnt gewesen war, dass sie die volle Aufmerksamkeit hat. Und dann kam das Baby. Plötzlich ist das erstgeborene Kind nicht mehr der Mittelpunkt, die Aufmerksamkeit der Eltern verteilt sich auf zwei. Wollen beide Kinder viel Aufmerksamkeit kommen wir als Eltern schnell an unsere Grenzen und fühlen uns überfordert. Wir schaffen es nicht mehr unseren Ansprüchen (oder den Ansprüchen von außen) gerecht zu werden. Wir haben das Gefühl, dass immer ein Kind zurückstecken muss. Denn gleichzeitig beiden Kindern Aufmerksamkeit schenken geht oft nicht. Wird das Baby gerade gestillt, können wir nicht dem Wunsch des großen Kindes nachkommen und zusammen durch die Wohnung rennen. Geht halt einfach nicht.
Als ich den Artikel von Frieda das erste Mal las, dachte ich sofort: Aber dafür ist ein Geschwisterkind das Schönste was einem Kind passieren kann. Es ist wirklich das größte Geschenk für ein Kind! Davon bin ich auch immer noch überzeugt und auch Frieda denkt vielleicht inzwischen anders. Immerhin ist ihre kleine Tochter inzwischen auch ein wenig älter.
Die erste Zeit mit zwei Kindern bei uns
Als E vor nun fast drei Jahren geboren wurde, war C gerade einmal 20 Monate alt. Sie konnte erst seit 6 Monaten laufen und fing gerade an ihre ersten Worte zu sprechen. Wirklich gut verständigen konnten wir uns also noch nicht, denn dazu fehlte unserer großen Tochter einfach noch der Wortschatz.
Wir hatten also zwei Wickelkinder, ein Stillkind, ein Schnullerkind, zwei Kinder die viel Einschlafbegleitung brauchten und zwei Kinder die gern und viel auf unseren Arm wollten. Wenn ich allerdings gerade das Baby getragen habe, konnte ich nicht C auf den Arm nehmen. Ich erinnere mich da sehr genau an eine Situation: Christian wollte gerade weg, ich war noch ungeduscht und in Schlafsachen, in der Küche stand noch das Frühstück herum, auf dem Boden überall Müsli und auf der Arbeitsfläche Geschirr vom Vorabend, die erste Ladung Wäsche war schon fertig und wollte aufgehangen werden. Ich trug gerade E herum und hoffte sie in den Schlaf tragen zu können. Aber vor mir sprang die ganze Zeit unsere große Tochter herum, quengelte und streckte mir ihre Arme entgegen. Wenn ich sie hoch nehmen würde, müsste ich das Baby umlagern und es würde wieder ganz wach werden. Könnte ich jetzt machen, aber dann würde es noch länger dauern bis ich Zeit für unsere große Tochter gehabt hätte. In solchen Situationen war es oft schwierig und ich hab mich dann schon am Morgen völlig überfordert gefühlt.
Diese Situationen waren aber oft Ausnahmesituationen. Es war meist dann schwierig, wenn Christian weg musste und ich allein mit den Beiden war, wenn Besuch da war oder Ähnliches. Bei Besuch sind beide immer völlig durchgedreht. Es gab einen einzigen Abend an dem E so richtig lange geschrien hat. Jetzt ratet mal. An dem Abend saß Christian mit Baby-Besuch im Wohnzimmer, ich mit brüllendem Kind im Schlafzimmer. Das große Kind schlief glücklicherweise. Kaum war der Besuch weg und Christian konnte kurz das Baby herumtragen (und ich verschnaufen) war Ruhe. Ihr könnt euch vorstellen, dass ich kein großer Fan von Babybesuchen war.
Außerhalb dieser Ausnahmesituationen funktionierte meist alles sehr gut. Wir hatten uns einen meist gut funktionierenden Tagesplan überlegt: morgens aufstehen, alle durften duschen und dann gab es Frühstück. Anschließend hat Christian für die Uni gelernt und ich die Mädels bespaßt. Das Ganze endete immer in einem völlig verwüsteten Zimmer! Dann wurde C von Christian zu ihrer Tagesmutter gebracht und er ging für ein paar Stunden arbeiten (wir haben ja das Glück, dass wir beide studieren und Christian nur nebenbei ein paar Stunden arbeiten geht). Auf dem Rückweg haben die Beiden dann oft Einkäufe erledigt. Ich konnte mich in der Zwischenzeit E und den Wäschebergen widmen. Abends sind wir entweder alle ins Familienbett oder Christian und C haben im Kinderzimmer geschlafen. Das hat meist gut funktioniert.
Natürlich waren wir nie ausgeschlafen, die Wohnung meist nicht perfekt aufgeräumt und Me-Time gab es auch nur ganz selten. Aber wir haben unsern Rhythmus gefunden, der für alle gut funktioniert hat. Und an den Vormittagen habe ich es sogar oft geschafft mit C zu spielen, während das Baby meist im anderen Arm lag (oder vielleicht sogar einmal geschlafen hat). Sie hatte aber natürlich nicht mehr die Aufmerksamkeit von mit, die sie zuvor hatte. Dafür bekam sie viel mehr Papa-Aufmerksamkeit, konnte viele Großes-Kind-Unternehmungen mit ihm machen und sie hatte ihre kleine Schwester.
Das Schwestern-Dasein war für unsere Tochter von Anfang an total faszinierend: dieses kleine Baby, mit den winzigen Händen. Sie fand es toll ihrer Schwester Spielsachen vors Gesicht zu halten oder ihr mit den Mulltüchern Milchreste aus dem Gesicht zu wischen. C war die Große, die die Windeln in den Müll gebracht hat und mir beim Wäsche-aufhängen die Wäschestücke gereicht hat, weil ich mich mit Baby in der Trage nicht so gut bücken konnte. Sie bekam neue Privilegien, wie besondere Süßigkeiten (bis dahin hatte sie komplett zuckerfrei gegessen) oder sie durfte Abends länger mit Papa im Wohnzimmer spielen, während ich E versuchte in den Schlaf zu stillen.
Schon nach kurzer Zeit ist es einfacher!
Später, als E dann lernte u greifen, konnte sie ihr Spielzeuge reichen, ihr dabei helfen das Drehen zu lernen oder ihr zeigen wie das Krabbeln geht. C hat gelernt, dass es toll ist eine kleine Schwester zu haben der sie etwas beibringen kann. Und nach und nach als E immer mehr konnte war es auch möglich, dass die Beiden konnten richtig zusammen spielen.
C fing zum Beispiel an E in ihrem Puppenwagen herumzuschieben. Sie baute ihr Türme, die sie umschmeißen konnte und half ihr bei den ersten Kletterübungen. Eine zeitlang hat sie immer für beide Sessel in diesen Ikea-Kisten gebaut. Die Beiden hatten dann immer einen riesigen Spaß dabei, dort zusammen drin zu sitzen. Und auch beim gemeinsamen Baden hatten die Beiden immer richtig viel Spaß. Es war einfach deutlich zu spüren, dass die kleine Schwester für unsere große Tochter sehr schnell zu eine Bereicherung wurde. Auch wenn so ein neues Familienmitglied am Anfang manchmal etwas störend erscheint.
Jetzt ist E fast drei und C vier. Die meisten Dinge können beide gleich gut. Sie können zusammen puzzeln, Sandburgen bauen oder Fahrrad/Laufrad fahren. Sie können zusammen durchs Bett toben, rutschen und Blumen pflücken. Die Beiden machen selten irgendetwas allein. Und das ist doch wirklich toll, oder? Denn zu zweit macht alles viel mehr Spaß.
Und genau deswegen müssen wir uns als Mütter auch nicht schlecht fühlen, wenn wir es nicht schaffen unsere Aufmerksamkeit zu teilen. Wir versagen nicht, nur weil am Anfang vielleicht das ein oder andere schief läuft. Klar ist das Kind in dem Moment frustriert. Aber solang die Umgebung, in der das Kind aufwächst, eine liebevolle Umgebung ist, ist das okay. Und meist versuchen wir doch auch unser Bestes und sind so oft wie es geht da.
Für mich sind Geschwister das beste Geschenk was es gibt: Menschen mit denen wir unser Leben teilen. Mit denen wir als Kind zusammen spielen, die in der Schule da ist wenn wir uns gerade mit den Freunden gestritten haben und mit denen wir uns verbünden können wenn in der Pubertät die Eltern mal wieder alles falsch machen. Geschwister sind das ganze Leben für uns da: sie helfen uns einfach so beim Umzug, backen eine Torte für die Hochzeit oder schreiben uns einfach mal so eine aufmunternde Nachricht.
2 Comments
Kathrin {ÖkoHippieRabenmütter.de}
04/02/2016 at 13:33Ich finde deinen Text wirklich schön, denn meine Söhne sind auch so knapp hinter einander geboren (hier 19 Monate). Der kleine ist jetzt 6 Monate und ich spüre wie du es beschreibst, dass es jetzt so langsam einfacher wird. Dafür waren aber die ersten Monate leider wirklich alles andere als schön. Oft denke ich drüber nach und fühle mich total schlecht oder zumindest bereue ich, es so und so gemacht zu haben. Aber du hast Recht: ein perfekt gibt es nicht, auch kein 100%. Irgendwas fällt hinten rüber, nicht zuletzt aufgrund des so geringen altersabstandes, bei dem man – so finde ich – ständig an die Grenzen der Bedürfniorientierung kommt und eigentlich immer ein Kind gerade warten oder zumindest mal kurz zurückstecken muss. Ich freue mich darauf, wenn sie endlich zusammen spielen können und hoffe, dann ähnliches berichten zu können 🙂
Beatrice
07/02/2016 at 22:13Hallo Sarah,
ich habe 3 Kinder im Abstand von je 1,5 Jahren. Und die anstrengenden Zeiten mit Säugling und Kleinkind(ern) kenne ich nur zu gut. Es stimmt, es wird leichter. Es bleibt streckenweise aber immer eine kleine Herausforderung. Dennoch würde ich immer sagen, dass es für die Geschwister eine super Sache ist. Sie haben einfach immer einen Spielgefährten. Die ganzen Mühen lohnen sich! 🙂